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Impressum
Copyright: Ralf Sänger
DruckVerlag Kettler, Bönen
Herausgeber: Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna e.V. (NFG) und Umweltzentrum Westfalen GmbH
Konzept und Redaktion: Ralf Sänger
Textrecherche: Martina Poggel
Textüberarbeitung: Sonja Neuenfeldt und Ralf Sänger
Fotografie: Ralf Sänger
Alle Fotografien im Bildband entstanden mit Hasselbladkameras (503 cx, FlexBody) und Zeiss-Objektiven von 40mm – 180mm Brennweite auf Kodak-TMax100 Rollfilm. Die Bilder wurden nicht digital verfremdet.
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Vorwort der Herausgeber
Der Kreis Unna mit einem Waldanteil von rund 12 % ist sicherlich nicht der Ort in Deutschland, der einem einfällt, wenn man das Stichwort „Bäume“ hört. Dass es dennoch, dank einer vorsorglichen Politik der Unterschutzstellung, im Kreis Unna beachtliche Exemplare dieser beeindruckenden Lebewesen gibt, wissen die wenigsten.
Zu Tage gebracht hat das vor etwa zehn Jahren Martina Poggel, eine Mitarbeiterin des Kreisumweltamtes, die sich die Mühe machte, ausgewiesene Naturdenkmäler näher zu beleuchten. In zahlreichen Gesprächen mit Zeitzeugen und beim Durchforsten alter Texte kamen auf diese Weise interessante Geschichten zutage, welche den jeweiligen Baum in neuem Licht erscheinen lassen. Auch wenn diese Geschichten nicht einem strengen historischen Anspruch genügen, so haben sie dennoch ihre Wurzeln in der Bevölkerung sowie in der Geschichte und Entwicklung dieses Raumes.
In ein neues Licht gestellt hat diese Bäume dann auch der Autor dieses Buches. Mit Hilfe seiner kreativen, subjektiven Sichtweise hat Ralf Sänger neue Eindrücke von den Bäumen unserer Heimat geschaffen. Es sind bewusst individuelle Sichtweisen, die in diesem Buch dargestellt werden, und sie sollen anregen, sich selbst dem herrlichen „Wesen Baum“ auf seine ganz eigene Art zu nähern.
Nach Bild- und Textteil sind die Baumstandorte dargestellt und für jeden leicht auffindbar. Nehmen Sie sich die Muße, Bäume mit Ihren eigenen Sinnen zu erleben, ihre geheimnisvolle Ausstrahlung zu fühlen oder aber sich einfach nur unter ihnen vor einem Regenschauer in Sicherheit zu bringen. In diesem Sinne wünschen wir viel Spaß beim Betrachten und Erleben der Bilder und Geschichten.
Umweltzentrum Westfalen GmbH
Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna e.V. (NFG)
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Der alte Baumbestand von Haus Velmede;
Bergkamen-Weddinghofen
Bild: Eschenblättrige Flügelnuss Nebel; November 1997
Ernst von Bodelschwingh, der Ururgroßvater des heutigen Besitzers von Gut Velmede, Friedrich-Wilhelm von Bodelschwingh, nahm 1848 seine Entlassung als Minister aus dem preußischen Staatsdienst. Kurz darauf baute er auf Velmede ein prächtiges Herrenhaus mit einem weitläufigen Park. Er soll, so vermutet sein Ururenkel, ein Schüler und Freund des baumliebenden Freiherrn vom Stein auf Cappenberg gewesen sein. Aus dieser „Quelle“ sollen auch die Samen und Setzlinge stammen, mit denen die Parkanlage bepflanzt wurde. So vermutet der heutige Besitzer auch, dass die prachtvolle kaukasische „Eschenblättrige Flügelnuss“ direkt am Herrenhaus ihre Existenz in seinem Garten dem berühmten Naturforscher und Geographen Alexander Freiherr von Humboldt (1769 – 1859) verdankt, der den Samen von einer seiner Forschungsreisen, vielleicht von der Kaukasusexpedition im Jahre 1829, mitbrachte und Freiherrn von Stein schenkte.
Das Herrenhaus steht an erhöhter Stelle im Gelände, das zum Spulbach hin etwas abfällt. Früher führten symmetrisch angelegte Wege durch den Park. Heute ist die Parkanlage verwildert. Die ursprünglich zum Park gehörende Wiesenfläche ist als Pferdekoppel eingezäunt und trennt so den dahinter liegenden Teil des ehemaligen Parks ab. Hier steht ziemlich verborgen eine rund 440 cm mächtige Rotbuche. Sie ragt ca. 20 m hoch auf und streckt ihre Krone 16 m breit aus. Zum Park gehörten vermutlich auch die abseits stehende mächtige Platane, die einen Stammumfang von über 300 cm, eine Höhe von ca. 20 m und einen wohl noch größeren Kronendurchmesser besitzt, eine eindrucksvolle Rosskastanie und eine große Stieleiche.
Lange hatten die Bodelschwinghs keine Freude an dem neuen Haus und Garten. Die Freiin fand es in Velmede zu kalt und zu nass. So siedelte die Familie nach Haus Heyde in Unna-Uelzen um, das seit 1785 im Besitz der Bodelschwingh-Plettenbergs war. Ein alter Wappenstein mit beiden adligen Namen liegt etwas bemoost neben einer beachtenswerten Eibe am Eingang zum Velmeder Garten.
Der Rittersitz Velmede wird im Jahre 1135 erstmals als Besitz des Klosters Cappenberg erwähnt. Wie der Name schon verrät, lebten hier die Von Velmedes, eine von zwei westfälisch-märkischen Adelsgeschlechtern dieses Namens. Beide sind ausgestorben. Im Jahre 1293 geht Velmede durch Tausch an Eberhard von der Mark. Die Bodelschwinghs erhielten das Gut durch Heirat; und zwar heiratete Anna Felicitas von Oeynhausen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Reinhold von Bodelschwingh auf Haus Eckern.
Früher einmal soll im Innenhof des Gutes eine mittelalterliche Burg gestanden haben, die von Gräben umgeben war. Der Spulbach und die Seseke speisten sie. Die Wassergräben waren wichtig für die Verteidigung des Rittersitzes. Gewissen Einfluss brachte ihm die Lage an einer Brücke über die Seseke ein. Mittlerweile sind die Gräben jedoch zugeschüttet und teils überbaut. Von der Burg ist nichts mehr vorhanden.
Die Gutsanlage mit ihren Fachwerkbauten, der alten Obstwiese, dem halb verfallenen Herrenhaus, dem verwilderten Park und seinen herrlichen Bäumen wirkt zwar sehr urtümlich, aber die modernen Errungenschaften sind nicht zu überhören. Die Idylle verliert leider durch das Getöse der nahen Autobahn viel von ihrem märchenhaften Reiz.
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Die Hainbuche von Haus Mundloh
Bönen-Bramey-Lenningsen
Bild: Alte Hainbuche, Oktober 1997
Am Mühlbach nahe Haus Mundloh in Bönen-Bramey-Lennigsen stand noch bis zum Frühjahr 1998 eine uralte Hainbuche. Dann raffte ein starker Sturm diese alte Freundin dahin. Traurig werden nicht nur die Kinder aus der Nachbarschaft sein, die in ihr gespielt haben, sondern alle, die diesen ausdrucksstarken Baum einmal haben sehen dürfen.
Die Hainbuche war ein Nutzbaum, der regelmäßig alle paar Jahre zur Laubheugewinnung „geschneitelt“ wurde. Der Bauer schnitt in einer Stammhöhe von zwei bis zweieinhalb Metern die neuen, zarten Triebe ab. Diese Art der „Kopfschneitelung“ nannte man in unseren Breiten „Stüven“.
Die Hainbuchen mussten dafür herhalten, weil ihr Laub von besonderer Qualität ist. Sogar ihr Name weist auf ihre Bedeutung als Laublieferanten hin. Wissenschaftlich heißt die Hainbuche „Carpinus betulus“, abgeleitet vom Lateinischen carpere = rupfen. Dagegen wurden bei der Esche, einem weiteren begehrten Laubfutterbaum, die Zweige gebrochen, wie schon ihr Name besagt: „Fraxinus excelsior“ vom Lateinischen frangere = brechen.
Die Kopfschneitelung zur Laubheugewinnung war bis zum Ende des letzten Jahrhunderts üblich. Die Hainbuche bei Haus Mundloh wurde 1872 zum letzten Mal gestüvt; dieses Mal zu einem besonderen Anlaß: der Großvater des mittlerweile nicht mehr auf dem Hof lebenden Karl Große-Brauckmann, Heinrich Wilhelm Große-Brauckmann, heiratete in diesem Jahr Maria Katharina Emilie Henriette Krümmer aus Westhemmerde. Für den festlichen Rahmen sorgten die abgeschnittenen Zweige der Hainbuche, mit denen die Diele ausgeschmückt wurde.
Weil die Triebe seitdem nicht mehr ausgeschnitten wurden, konnten sie zu dicken Ästen heranwachsen und eine Krone von 16 m bilden. Die Hainbuche bei Haus Mundloh war wegen der langjährigen Kopfschneitelung nicht sehr hoch gewachsen, nur 14 m. Ihr Stamm umfasste 355 cm. Aber mit ihren 250 Jahren ist sie dennoch ein besonders seltenes Exemplar. Im gesamten Kreis Unna gibt es keine älteren Hainbuchen. Etwa gleich alt sind nur noch die Hainbuchen auf dem Hof Schulze-Frohning in Werne. Sie haben entsprechend ihrer Nutzung jedoch ein völlig anderes Erscheinungsbild.
Anmerkung nach Veröffentlichung des Bildbandes: Der Baum existiert leider nicht mehr.
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Die Kopfeiche von Haus Mundloh;
Bönen-Bramey-Lenningsen
Bild: Kopfeiche im Gegenlicht, September 1997
Über besonders hohe Masterträge konnte sich der Bauer freuen, wenn er eine Eiche auf einer Höhe von zwei bis dreieinhalb Metern kappte. Das Weidevieh erreichte die neuen Triebe nicht, und so konnte der Baum eine besonders breite Krone ausbilden und in der Folge besonders viele nahrhafte Eicheln abwerfen.
Die Kopfeiche bei Haus Mundloh ist vermutlich auf diese Art und Weise entstanden. Fast 300 Jahre stand sie auf einer Weide, die Viecher haben ihre Eicheln gefressen, die Kinder in ihren Hohlräumen gespielt, und vielleicht hat in ihr so mancher Steinkauz gebrütet. Hoch hinaufgeschossen ist sie mit zwölf Metern Höhe wahrlich nicht. Dafür ist sie breiter als hoch. Ihr Kronendurchmesser beträgt 16 m, der Stammumfang 445 cm. Mit ihren 300 Jahren ist die Kopfeiche bei Haus Mundloh der älteste Baum von Bönen und einer der ältesten im Kreis Unna.
Der Begriff „Kopfeiche“ bezeichnet lediglich die Form der Eiche, botanisch gehört sie zu den Stieleichen. Aufgrund ihres Alters ist sie besonders wertvoll. Auch die vielen Hohlräume sind ökologisch bedeutsam. Sie bieten verschiedenen Tieren Unterschlupf und sind ein möglicher Brutplatz für den Steinkauz. Der Steinkauz liebt offene Wiesen- und Weideflächen um seinen Brutbaum herum, auf denen er seine Beutetiere erjagen kann. Maisäcker wären indes für ihn ein undurchdringliches Dickicht, und so würden
die „Appartements“ der Eiche bei einer derartigen landwirtschaftlichen Nutzung ihres Umfeldes sicherlich leer stehen bleiben.
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Die Winterlinden am Kirchplatz;
Fröndenberg-Frömern
Bild: Die Winterlinden vor dem Kirchturm, Mai 1998
Es sieht fast aus, als wollten die beiden Winterlinden mit ihrer Höhe von 20 m und 22 m den Kirchturm einholen. Ihre Kronen sind 16 m und 20 m breit, und ihre Stämme umfassen 265 cm und 310 cm. Sie stehen links und rechts vom Portal der Kirche auf dem Kirchplatz in Frömern.
Sie könnten am 23. Juli 1876 gepflanzt worden sein, als der Grundstein zum Bau der heutigen Kirche gelegt wurde, wahrscheinlicher aber am 29. November des folgenden Jahres, dem Frömerner Reformationstag, an dem die neue Kirche feierlich eingeweiht wurde. Der Turm der ursprünglichen Kirche blieb erhalten, und so ist es auch möglich, dass die beiden Linden zu der Zeit bereits vor dem Portal standen.
Die alte romanische Kirche von Frömern war Johannes dem Täufer geweiht und wurde bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erwähnt. Von den Grafen von Werl kam die Kirche an die Arnsberger Grafen, die sie dem Kloster Scheda vermachten. Der Propst des Klosters setzte 1531 seinen Neffen Heinrich von Steinen als Vikar in Frömern ein, der sechs Jahre später die Pfarrstelle übernahm.
Heinrich von Steinen gehörte zwar dem Prämonstratenser-Orden des Klosters an, war aber von dem Wirken Martin Luthers derart beeindruckt, dass er gegen die Mißstände in der katholischen Kirche und für die evangelisch-lutherische Lehre predigte. Als erster in der Grafschaft Mark wandte er sich dieser neuen Glaubensrichtung zu. Er ging sogar so weit, dass er 1542 die Unnaer Bürgermeisterstochter Ursula von Krane heiratete – ein Skandal. Kein Wunder also, dass das Kloster Scheda bemüht war, ihn der Pfarrstelle wieder zu entheben, notfalls auch mit Gewalt. Er sah sich zur Flucht gezwungen. Dennoch kehrte er drei Jahre später zurück, und am ersten Advent des Jahres 1545 bekannte sich die Frömersche Gemeinde bis auf drei Mitglieder als erste im Kreis Unna zur evangelischen Konfession.
Aus sieben Generationen waren Söhne der Familie von Steinen Pfarrer in Frömern. Der berühmteste war der Historiker Johann Dietrich von Steinen, der 1699 in Frömern geboren wurde und 1727 die Pfarrstelle übernahm. Er schrieb die „Westfälische Geschichte“ in vier umfangreichen Bänden.
Zum Andenken an den Reformator Martin Luther (1483 – 1546) und seinen starken Einfluss auf die Frömerner Gemeinde wurde im Jahre 1883 zum 400. Geburtstag Martin Luthers eine Eiche gepflanzt, die „Luther-Eiche“. Sie steht auf dem Sybrechtplatz 20 m südlich der Kirche völlig ungestört auf der Wiese und hat in ihrem bislang 100jährigen Leben schon beachtliche Ausmaße erreicht. 22 m ist sie hoch und ihre Krone 20 m breit. Ihr Stammumfang misst rund 285 cm.
Die beiden Trauereschen sind jünger. Ihre besonders bizarre Form macht sie bemerkenswert. Die Blutbuche und die Eibe im Pfarrgarten werden auf 150 bis 200 Jahre geschätzt. Während die Blutbuche schon 22 m in die Höhe gewachsen ist, hat die Eibe weniger als die Hälfte erreicht, eben nach der „geruhsamen“ Art der Eiben. Auch ihre Krone ist mit 8 m nur halb so groß wie die der Blutbuche. Der Stamm der Blutbuche umfasst 395 cm. Bei der Eibe sind es 230 cm.
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Die ehemalige Hoflinde Dieckmann;
Fröndenberg
Bild: Die Sommerlinde steht heute unmittelbar an der Straße; April 1998
Unmittelbar an der Eulenstraße zwischen Unna-Kessebüren und Fröndenberg wächst eine inzwischen rund 250-jährige Sommerlinde. In diesen zweieinhalb Jahrhunderten hat sie sich einen Stammumfang von 480 cm zugelegt, ihre Äste 22 m weit ausgebreitet und ist 18 m in die Höhe gewachsen.
Sie war nicht immer ein Straßenbaum; ursprünglich war sie die Hoflinde des Hofes Dieckmann. Zur Mitte des letzten Jahrhunderts brannte dieser jedoch ab, und ein neuer Hof wurde im Jahre 1870 auf der gegenüberliegenden Straßenseite errichtet. Die alte Sommerlinde blieb aber glücklicherweise unversehrt an ihrem Standort. Heute nimmt die Sommerlinde nicht mehr am Hofleben teil, sondern muss die lärmende Nachbarschaft der Autos ertragen. Leicht hat sie es dort nicht, denn sie ist nicht so widerstandfähig wie ihre „kühlere“ Verwandte, die Winterlinde.
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Die Rotbuchenreihe vom Emscherquellhof;
Holzwickede
Bild: Rotbuchenreihe vor dem Emscherquellhof; April 1998
Auf rund 250 Jahre werden die 25 m hohen Rotbuchen am Emscherquellhof geschätzt. Ihre Stämme umfassen 310 cm bis 520 cm. Imposant ist ihre gemeinsam ausgebildete Krone von ungefähr 50 m.
Die schön gewachsene Rosskastanie auf der Wiese nördlich hinter dem alten Fachwerkbau des Hofes sieht gegenüber den mächtigen Rotbuchen eher „verspielt“ aus. Sie hat einen Stammumfang von nur 390 cm, ist 18 m hoch und 10 m breit.
Ungefähr 1914 kaufte der Vater der heute noch auf dem Hof lebenden Waltraud Schulze-Dellwig das Gehöft an der Emscherquelle.
Vorab ließ die frühere Besitzerin jedoch, um ihren Erlös noch zu erhöhen, viele der Buchen fällen und verwandelte so ihr Holz in bares Geld. Deshalb konnte der alte Schulze-Dellwig den Emscherquellhof nur noch mit den übergebliebenen sieben Buchen und zwei Rosskastanien, von denen eine vor gut dreißig Jahren gefällt wurde, übernehmen.
Die Emscher entsprang ursprünglich etwas weiter westlich im Hixterwald. Als Folge einer künstlichen Entwässerung des Gebietes mit Gräben und Siepen zum Zwecke des Kohleabbaus (seit Ende des 16. Jahrhunderts) sank der Grundwasserspiegel jedoch so ab, dass die ursprüngliche Quelle versiegte.
Als alle Quellen Mitte des vorigen Jahrhunderts behördlich festgelegt wurden, nahm man als Richtlinie zur Bestimmung der Quelle den längsten Bachlauf. Seitdem galt die Stelle auf Lünschermanns Hof als Emscherquelle und der Hof demzufolge als „Emscherquellhof“.
Bergbau gibt es im Hixterwald schon lange nicht mehr. Die Grundwasserverhältnisse haben sich geändert und der Zufluss aus dem Hixterwald führt nun wieder beständig Wasser. Er fließt wie einst am Hof Lünschermann vorbei und nimmt dort das „amtliche Emscherwasser“ auf.
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Park Opherdicke und Friedhof „Von Lilien“;
Holzwickede-Opherdicke
Bild: Hängebuche – „Baum mit Brille“; September 1990
An der Stelle des heutigen Hauses Opherdicke stand vor langer Zeit eine Burg. Die Erbauer des schon im 7. Jahrhundert vermuteten Bauwerks hatten den Platz wohl überlegt ausgewählt. Von der Haarhöhe aus konnten sie das Ruhrtal in Richtung Süden und den Hellweg in Richtung Norden überblicken. Eine wichtige Verbindung war die Straße auf der Haar, die von der Hohensyburg bis nach Paderborn führte. Als Besitzer von Gut Opherdicke wird Ende des 12. Jahrhunderts Heinrich von Herrecke, ein Verwandter des Grafenhauses von Dortmund erwähnt. In den nächsten Jahrhunderten wechselten die Burgherren.
Die älteste Karte aus dem Jahr 1790 zeigt das von einer Gräfte umgebene Haus, die Wirtschaftsgebäude, die sich u-förmig um den Hofraum gruppieren sowie den östlich davon liegenden Garten. Für den Entwurf des Gartens wurde 1846 eine Rechnung an Popp aus Coesfeld bezahlt. Mehr ist nicht bekannt. Der Landschaftsgarten wurde vermutlich zwischen 1850 und 1870 angelegt.
Einige der alten Bäume stammen noch aus dieser Zeit: die Linde südlich des Gästehauses, das 1895 zum Abschluss der umfangreichen Veränderungen gebaut worden ist, und die Bäume entlang der Begrenzungsmauer. Von Norden nach Süden stehen dort eine Roteiche, eine Blutbuche und eine Winterlinde. Die Rhododendroninseln stammen ebenso aus der Zeit wie die Baumgruppe mit der Eibe, der Hängebuche und dem Spitzahorn, die den Blick nach Osten hin begrenzen. Typisch für einen Landschaftsgarten ist die freie Wiesenfläche, die sich öffnet, sobald man durch das Eingangstor den Garten betritt. Die mittlere Blickachse südlich des Hauses blieb frei, und so kann man auch heute noch von Haus Opherdicke aus ungehindert bis ins Ruhrtal blicken. Die natürliche Grenze des Landschaftsgartens bildete damals im Osten das Buchenwäldchen. Im Westen endete er in einem Waldstreifen entlang der Kuhstraße, heute die Pflanzung zum Friedhof, der vor 1870 entstanden sein muss. Südlich war schon auf den alten Karten eine Hutungsweide eingetragen, 1870 einfach als Weide vermerkt. Später wurde daraus ein typischer Obstkamp, in den noch bis heute Vieh eingetrieben wird.
Der engere Bereich des heutigen Landschaftsgartens ist auf Bruchteile seiner ursprünglichen Ausdehnung zusammengeschrumpft. Die Veränderungen begannen in den Jahren 1910 bis 1918 mit der Anlage einer Obstwiese im östlichen Teil des Landschaftsparks, dem heutigen Gelände des Reitervereins. Noch heute zeugt ein einzelner alter Birnbaum von der Existenz dieser Obstwiese. Der große Park muss sehr schön gewesen sein. Daran erinnert sich Anne König aus Opherdicke, die Tochter eines Dieners der Von Liliens und später der Regenbogens. In ihrer Erinnerung ist der Park eine gut gepflegte Rasenfläche mit großen Bäumen und Sträuchern. Der Hauptweg verlief vom Gartentor aus gradlinig nach Osten und knickte dann zum Buchenwald ab. Ein Abzweig führte zum Gartenpavillon und einer direkt an der Mauer entlang Richtung Süden.
In alten Karten ist ein Prozessionsweg auf dem Damm der Gräfte eingezeichnet. Auf ihm konnten die Dorfbewohner zur Kirche gelangen. Er führte direkt unter drei alten Buchen hindurch, die westlich der Gräfte standen; zwei von ihnen lassen sich noch heute bewundern. Sie sind älter als der Landschaftspark, denn auf einer Lithographie von 1830/40 sind sie schon als große Bäume abgebildet. Die Atmosphäre unter den alten Buchen ist ein ganz besonderes Erlebnis. Trotz der Dunkelheit unter ihrem hohen Blätterdach fühlt man sich sicher und beschützt. Man spürt die Persönlichkeit der alten Bäume. Die zwei noch stehenden Rotbuchen sind vielleicht nicht die imposantesten an Größe und Dicke, aber bestimmt die stimmungsvollsten.
Bild: Winterlinde an der Familiengruft der „Von Lilien“; Oktober 1997
Direkt um die katholische Kirche von Opherdicke herum lag der alte Kirchhof, auf dem die Fresendorfs ein besonderes Erbbegräbnis hatten. Das alles verschwand, als der neue Friedhof südlich davon angelegt wurde. Den oberen Teil belegten die Von Liliens. Heute sind die alten, teils von Efeu überwucherten Grabsteine, noch zu besichtigen. Zwei Winterlinden kennzeichnen die südlichen Eckpunkte der Familiengruft. Sie werden auf 150 Jahre geschätzt, sind 16 m hoch und breit. Ihre Stämme umfassen 270 cm und 280 cm.
Seit der Kreis Unna das alte Rittergut Opherdicke 1980 übernommen hat, wird das Haus renoviert und restauriert. Alte Unterlagen wurden studiert, um die historischen Gemäuer nicht zu verfälschen. Auch sollen die Bepflanzungsfehler der Vergangenheit im Landschaftspark aufgespürt werden, damit dieser nach und nach wieder seinen ursprünglichen Charakter erhält.
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Die 12-Apostelkastanie vom Friedhof;
Kamen
Bild: „Die 12-Apostel-Kastanie“ auf dem Friedhof; Juni 1997
Fast jeder, der an dem 12-Apostel-Baum vorbeikommt, zählt nach und stellt fest: „Tatsächlich, zwölf Stämme hat die Kastanie auf dem Friedhof von Kamen.“
Die Menschen, die heute die Verstorbenen auf dem Friedhof besuchen, wissen nicht mehr, woher ihr Name stammt. Selbst die älteren Friedhofsgärtner wissen nur noch, dass sie schon immer da stand und schon immer so hieß. Und auch ihre Entstehung bleibt ungewiss. Stand dort früher einmal ein dicker Kastanienbaum, der abgesägt wurde und anschließend wieder neu ausschlug?
Möglicherweise hängt das Schicksal der Kastanie mit der Einrichtung des neuen Friedhofs im Jahre 1866 zusammen. Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt begann Mitte des vorigen Jahrhunderts. Seit 1873 wurde Steinkohle abgebaut. Die Bevölkerungszahl schnellte durch einwandernde Bergarbeiter in die Höhe, und der alte Friedhof am Ostentor wurde der wachsenden Stadt Kamen zu klein. Es musste ein neuer her. Freiherr von Mulert schenkte der Stadt das ehemalige Ackerland zur Einrichtung eines neuen Friedhofs. Einzige Auflage war, dass die Familie des Freiherrn eine Erbbegräbnisstätte erhielt, eine Kellergruft. Der alte Friedhof wurde 1891 zum Stadtpark.
Die Von Mulerts sind keine bekannten Kamener Bürger. Die Familie, vermutlich holländischer Adel, kam gegen Ende des 18. Jahrhunderts nach Kamen. Dort bewohnte sie ein Ackerbürgerhaus am Markt und betrieb Landwirtschaft. Demnach gehörte sie zur gesellschaftlichen Schicht der Stadtbürger, die damals mit besonderen Rechten ausgestattet war.
Einer ihrer Äcker ist heute der Parkfriedhof. Die Anlage wurde von einem beauftragten Gartenarchitekten entworfen. Vielleicht ist diesem Gartenarchitekten die Idee gekommen, zwölf Kastanien im Kreis anzuordnen. Erst später sind sie dann zusammengewachsen. Eine andere mögliche Version ist die, dass ein angeliefertes Bündel mit zwölf Kastanien eingeschlagen und einfach vergessen wurde.
Der ca. 18 m hohe Baum hat eine schmale Krone von 16 m im Durchmesser entwickelt. Dafür ist der Stamm besonders mächtig geraten. Mit 520 cm Stammumfang ist die 12-Apostel-Kastanie der dickste Baum von Kamen.
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Blaues Blut – Die Rosskastanie von Haus Heeren;
Kamen-Heeren
Bild: Die alte Kastanie hat einen Absenker gebildet, asu dem sich wieder ein neuer Baum entwickelt hat; Mai 1991
„Die blaublütigen Adelsleute sind so hochnäsig, dass sie sich nur blaublütige Bäume pflanzen“, sagt der Volksmund.
Tatsächlich stehen viele Rosskastanien, die „blaublütigen“ Bäume, vor Adelshäusern oder wohlhabenden Bauernhäusern, deren Bewohner, wenn sie nicht schon selbst „blaues Blut“ in den Adern hatten, wenigstens so tun wollten, als wären sie genauso vornehm wie die Adligen. Und in der Tat, Rosskastanien sind wirklich blaublütig. In ihnen fließt ein Saft, der sich bläulich verfärbt, wenn er ans Licht kommt. Mit eigenen Augen hat Ferdinand von Plettenberg, der Haus Heeren bewohnt, dieses Phänomen beobachtet, als vor einigen Jahren zwei der ehemals vier Kastanien im Vorhof zum Wasserschloss Heeren gefällt wurden. Gerade sollten sie abtransportiert werden, da fing es an zu regnen, und plötzlich färbte sich die Spur, durch die die Kastanienstämme gezogen wurden, blau. Dafür gibt es eine Erklärung. In der Borke und im Holz der Rosskastanie lagert ein pflanzlicher Stoff, das Aesculin. Es ist leicht wasserlöslich. Beim Abtransport der Kastanienstämme auf Haus Heeren konnte es durch das Regenwasser ausgewaschen werden. Das Wasser bewirkt einen Effekt, der in ultraviolettem Licht besonders deutlich wird: Aesculin zeigt im Wasser zusammen mit ultraviolettem Licht eine bläuliche Fluoreszenz. So auch im Fall der gefällten Kastanienbäume von Haus Heeren, denn Tageslicht enthält genügend ultraviolette Anteile, die das Aesculin in den Kastanienspuren bläulich schimmern lassen.
Eine herrlich-bizarr gewachsene Rosskastanie ist nach der Fällaktion im Innenhof der Vorburg von Haus Heeren glücklicherweise stehen geblieben. Sie ist mindestens 150 Jahre alt. Ihr Stamm umfasst 350 cm, ihre Krone hat einen Durchmesser von 20 m und eine Höhe von 18 m. Ihre Wuchsform ist bemerkenswert: ein dicker Ast ist als Senker zu Boden gegangen, dort verwurzelt, und an dieser Stelle zu einem neuen Baum herangewachsen, der mit dem alten in Verbindung steht. Schon seit ungefähr 120 Jahren soll der Ast den Boden berühren, erzählt der Hausherr von Haus Heeren. Möglicherweise haben seine Vorfahren den Baum in dieser Weise behandelt, vermutet er, um ihn als Tanzbaum zu nutzen. Üblicherweise fanden Tanzvergnügen zwar unter alten Linden statt, aber wenn es stimmt, was der Volksmund sagt, wollte der Adel seine Menuette sicherlich nur unter blaublütigen Bäumen tanzen.
Haus Heeren besaß einen großen, heute nicht öffentlich zugänglichen Park, der mittlerweile um die Wiesenfläche, die als Weide genutzt wird, verkleinert wurde. Dort stehen noch einige ältere, große Bäume; sie werden auf 150 Jahre geschätzt. Von dem östlichen Wirtschaftsgebäude ausgehend trifft man zunächst auf eine Esche. Im später aufgeforsteten Gehölz versteckt sich eine Platane. Direkt an der Weide und an einem Teich fallen große Blutbuchen auf. Westlich der Weide ist am Rande eines Wäldchens eine vierstämmige, auffällige rötliche Variation des Bergahorns zu sehen.
Haus Heeren wird im Jahre 1178 erstmalig im Zusammenhang mit Gerhard von Herne erwähnt. Es war ein Lehngut der Grafen von der Mark. Ende des 14. Jahrhunderts bildete sich eine eigene Erblinie der Familie von der Recke zu Heeren. Westlich des Recke’schen Hauses lag im heutigen Schlosspark ein weiterer Adelssitz, die sogenannte Hakenburg. Im Jahre 1606 wurde das heutige Wasserschloss Heeren von Katharina, der Großenkelin des berühmten Johann von der Recke zu Heeren, errichtet. Das Recke’sche Haus und die Hakenburg wurden im 17. Jahrhundert abgebrochen. Erst danach gab es Platz für einen Schlosspark.
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Die Zwillings- oder Napoleonbuche vom Gahmener Berg;
Lünen-Gahmen
Bild: Stolz steht die zweibeinige Rotbuche auf dem Gahmener Berg; März 1998
Auf dem Gahmener Berg in Lünen steht eine merkwürdig gewachsene 18 m hohe Rotbuche. Zwei Stämme, die zusammen einen Umfang von 520 cm einnehmen, sind in einer Höhe von etwa drei Metern zusammengewachsen. Dieser Eigenschaft verdankt sie ihren Namen. Sie wird „Zwillingsbuche“ oder „Zweibeinige Buche“ genannt. Die beiden Stämme bilden ein so großes Tor, dass die Phantasie der Menschen in dieser Gegend große Sprünge gemacht hat. Auf dem Rückzug von Moskau soll Napoleon Bonaparte (1769 – 1821) im Jahre 1813 an der sagenumwobenen zweibeinigen Buche vorbeigekommen sein. Die Gegend lud geradezu zum Ausruhen ein, und so soll der berühmte Feldherr unter diesem Baum gerastet haben, während die Pferde an den Tümpeln getränkt wurden. Hoch zu Ross soll er vor dem Weitermarsch nach Frankreich durch das Baumtor geritten sein. Daher trägt der Baum auch den Namen „Napoleonbuche“.
Aber wir können ja rechnen, und so finden wir gleich heraus, dass diese Geschichte nicht stimmen kann. Das Alter der Napoleonbuche wird auf ca. 180 Jahre geschätzt. Als Napoleon durch diese Gegend ritt, war sie also entweder noch gar nicht da oder ein so winziges Pflänzchen, dass der alte Korse glatt an ihr vorbeigeritten wäre. Unter ihr durchzureiten, hätte Bonaparte trotz seines kleinen Wuchses unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet. Wenn auch nicht durch diese Geschichte, so hat Napoleon vielleicht durch seine bekannte Pose Pate gestanden. Die zwei Stämme der Buche bilden ein kleines „h“. Ganz so wie Napoleon, der stets ein Bein voranstellte.
Bis zum Winter 1932/33 umgab ein Wald die Napoleonbuche, inzwischen ragt sie einsam und weithin sichtbar über die Äcker. Wie ihre Wuchsform zustande kam, ist schwer zu sagen. Eine Möglichkeit ist die, dass zwei Bäume nah beieinander gestanden haben und nach Jahren zusammengewachsen sind. Vielleicht knickte auch in den Jugendjahren des Baumes ein Ast ab, erreichte den Boden und schlug neue Wurzeln. Später ist dann die Bruchstelle völlig verwachsen.
Wenige Meter von der Buche entfernt liegt ein Teil einer Landwehr, die aus Gräben und Wall bestand. Um Eindringlinge oder gegnerische Heere durch die Landwehren aufzuhalten, waren sie dicht mit dornigen Sträuchern und Bäumen, deren Äste zu einem undurchdringlichen Dickicht verflochten wurden, bepflanzt. Nachdem die Landwehren aufgegeben wurden, sind sie lückig geworden, und die Bäume sind hoch aufgeschossen. Viele der Buchen auf der Landwehr nahe der Napoleonbuche tragen noch die Spuren der alten Behandlung. Verwachsungen und Mehrstämmigkeit sind meist die Folge gewesen. Steht die Napoleonbuche vielleicht deshalb auf zwei Beinen? Es ist schön, dass wir es nicht genau wissen, denn dadurch erhält unsere Phantasie auch weiterhin Nahrung.
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Der Park von Haus Schwansbell;
Lünen-Horstmar
Bild: Winterlindenallee vor dem Portal; Juli 1998
Die Parklandschaft ließ Graf Wilhelm von Westerholt im Jahr 1875 im englischen Stil anlegen, passend zu dem neuen Schloss Schwansbell, das in englischer Neugotik entstand.
Der englische Garten, deutlich erkennbar an den offenen Wiesenflächen und einzelnen Baumgruppen, hinter denen sich wiederum freie Flächen verstecken, ist noch heute um das Schloss herum erhalten. Viele der damals angepflanzten Bäume sind heute geschützte Naturdenkmäler.
Der engere Schlossgartenbereich, der durch einen Jägerzaun vom Rest des Parks abgetrennt wurde, ist als Exotengarten angelegt und deutlich stärker gestaltet. Die Bäume, die dort zu finden sind, stammen überwiegend aus dem Osten Nordamerikas; unter ihnen sind Christusdorn, Robinie, Tulpenbaum und Trompetenbaum.
Die zahlreichen Platanen im Schlosspark sind Hybriden der morgenländischen und der nordamerikanischen Arten, und selbst die Silberlinden und Rosskastanien sind ursprünglich nicht in unseren Breiten beheimatet, sondern in Südosteuropa.
Der von Wanderwegen durchzogene Teil des Parks ist mehr der Landschaft nachempfunden, und so finden wir hier überwiegend heimische Bäume. Vereinzelt fallen Farbtupfer exotischer Baumarten oder Varietäten auf. Einige davon sind ausgewiesene Naturdenkmäler; eine 341 cm dicke Blutbuche mit einem Kronendurchmesser von 28 m und einer Höhe von 25 m und eine 290 cm dicke Esskastanie mit einer 20 m umspannenden Krone und einer Höhe von 22 m sind nicht zu übersehen. Sie stehen 200 m südlich des Hauses Schwansbell. Weiter südwestlich steht ein hoher, schlanker Tulpenbaum, der ebenfalls wie die Gleditschie im östlichen Nordamerika beheimatet ist. Dort kann er 60 Meter hoch werden. Der schlanke Wuchs ist typisch für ihn. Er trägt auffällige, viereckige Blätter. Wer seinem Namen entsprechend eine üppig-bunte Blütenpracht erwartet, wird jedoch enttäuscht, denn die nur rund fünf Zentimeter langen Blüten sitzen meist so hoch im Baum, dass man ein Fernglas benötigt, um sie erkennen zu können.
Nicht ganz so exotisch sind die glänzenden Silberlinden. Sie säumen den südwestlichen Rand der Blickachse zum Schloss . Sie sind zwischen 22m und 24 m hoch und 14 m bis 18 m breit, die Stämme messen 252 cm und 265 cm im Umfang. Weiter vom Schloss entfernt, direkt am Jägerzaun, begrenzen drei schuppenborkige Platanen den Blick. Sie sind 22 m hoch, ihre Kronen sind 18 m breit, ihre Stammumfänge variieren etwas: 278 cm, 263 cm und 240 cm.
Fehlen noch die beiden Rosskastanien am Teichufer nördlich des Schlosses. Sie sind 20 m hoch, tragen rd. 20 m breite Kronen und besitzen Stammumfänge von 275 cm und 294 cm. Früher einmal stand hier eine von Gräften umflossene Wasserburg, in der einflussreiche Ritter lebten. Johann Dietrich von Steinen schreibt über sie: „Die von Schwansbell gehören zu den ältesten adligen Geschlechtern in Westphalen. Sie sollen schon zu des großen Carl’s Zeiten in diesen Landen gelebt, und von solchem Kayser wegen ihrer Geschwindigkeit im Aufsitzen, drey Steigbügel in ihr Wapen, und dabey den Namen Swancbolle das zeiget hurtige Beine an – empfangen haben.“
Die alte Burg stand etwas nördlich des heutigen Schlosses. Einen Teil des umfangreichen Gräftensystems durchfloss die Seseke. Über sie führte der einzige Zugang zur Burg, der durch ein Torhaus mit Zugbrücke bewacht werden konnte. Die Gräften sind mittlerweile zugeschüttet und zum Teil überbaut. Reste der Burg liegen heute noch in dem Ententeich, an dem die beiden Rosskastanien stehen.
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Die Hofkastanie Schulz-Gahmen;
Lünen-Gahmen
Bild: Hofkastanie „Schulz-Gahmen“; Juli 1998
Der Schulzenhof in Lünen-Gahmen repräsentiert eine sehr schöne Jugendstilanlage der Jahrhundertwende. 1904 baute der Großvater des heutigen Hofinhabers Hans-Joachim Schulz-Gahmen das alte Haus entsprechend dem Stil der Zeit um. Nicht nur das Gebäude und der Hofraum änderten ihr Gesicht, sondern auch eine Rosskastanie, der Modebaum des Jugendstils, bekam ihren Ehrenplatz in der Mitte des Hofes. Sie ist durch ihren Freistand ungestört gewachsen und heute ein besonders beeindruckendes Exemplar. Ihre Äste und ihre Beblätterung reichen bis an den Boden, so dass der Baum eine riesige Blätterkuppel bildet. Sie ist 18 m hoch und hat 20 m im Durchmesser. Ihren Stamm entdeckt man erst, wenn man durch eine Lücke in der Blätterwand eintritt. Er umfasst 260 cm. Von innen offenbart sich die ganze Schönheit dieses „blaublütigen“ Vertreters mit seinen unzähligen, verschlungenen Armen und Fingern. Auch wenn die Kastanie im April bis Mai mit ihren zahlreichen weißen Blüten übersät ist, bietet sich ein besonders malerisches Bild vor der weißgetünchten Jugendstilfassade des Gutshauses.
Hinter der Fassade des Hofes verbirgt sich ein alter Ziegelsteinkern aus der Zeit des Preußenkönigs Friedrich des Großen (1712 – 1786). Damals brannten die Gahmener Bauern ihre Ziegelsteine noch selbst.
Der Hof zu Gahmen gehörte schon seit 1285 zum Kloster Cappenberg. Dieses hatte den Hof vom Bischof in Münster erhalten. Er war mit Abstand die größte Hofesstelle in der Umgebung. Der Propst in Cappenberg setzte den Bauern als „Schulzen“ ein, der als „Erbholzrichter“ dem „Holzgericht“ vorsaß und die Abgaben der zum Hofesverband gehörenden Bauern und Kötter eintreiben musste. Trotz gewisser Privilegien war auch der „Schulze“, wie alle Einwohner von Gahmen, ein Leibeigener des Klosters. „Leibeigenschaft“ oder „Hörigkeit“ war eine Fessel für die bäuerliche Bevölkerung, der nicht zu entrinnen war. Die Unfreiheit entstand schon bei der Geburt. Alle Bewohner waren fest an das zugeteilte Land gebunden, und der Herr hatte das Recht, einen Flüchtigen regelrecht zu jagen, um ihn wieder einzufangen. Selbst bei der Liebe hatte der Propst von Cappenberg ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, denn der Leibeigene musste vor seiner Verheiratung zunächst die Genehmigung des Herrn einholen. Verstarb ein Höriger, so konnte ein Nachkomme den Hof nicht einfach weiterführen, sondern musste zuerst auf Cappenberg erscheinen. Lehnte ein Propst den Nachfolger ab, konnte er kurzerhand einen Fremden einsetzen. Den Leibeigenen gehörte nichts. So konnten sie weder verkaufen, tauschen, verpachten noch Schulden aufnehmen.
Die hohen Abgaben an den „Grundherrn“ trugen dazu bei, dass die Landbevölkerung in ärmlichen und unwürdigen Verhältnissen leben musste, aus denen sie nie ausbrechen konnte.
Neben dieser Unterdrückung durch die Obrigkeit gab es noch große soziale Unterschiede. An erster Stelle stand der Schulzenhof mit dem meisten Grund und Boden, dann folgten die Bauern. Der „Schulze“ (gleichbedeutend mit „Schultheiß“ = althochdeutsch: „Leistung Befehlender“) selbst konnte nicht alles bewirtschaften. „Kötter“ wurden angesiedelt, die dem Schulzenhof zu bestimmten Diensten verpflichtet waren und dort an gewissen Tagen arbeiten mussten. Nur wenig Grund hatten die „Brinksitzer“ – sie besaßen nicht eimal ein Pferd und mussten dem Schulzen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Die niedrigste Stufe nahmen die „Einlieger“ ein. Sie erhielten Nahrung, Wohnung und Kleidung und mussten dafür ihre ganze Arbeitskraft einsetzen. Die Verhältnisse besserten sich im Zuge der Agrarreformen des 18. und 19. Jahrhunderts mit der Beseitigung der bäuerlichen Erbuntertänigkeitsverhältnisse sowie der Übertragung des von den Bauern bewirtschafteten Bodens in ihr Eigentum. So war der Schulzenhof zur Mitte des letzten Jahrhunderts eigenständig und damit auch alle Lasten durch Freikauf los.
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Die Eichen vom Brunnenbergshof;
Schwerte-Ergste
Bild: Traubeneiche vom Brunnenbergshof; April 1998
Der Hof Brunnenberg in Schwerte-Ergste liegt auf der Brunnenbergshöhe. Das merkt man gleich, denn von Ergste aus geht es stetig bergauf, wenn man die vier Naturdenkmäler besichtigen möchte. Rechts der Auffahrt sieht man eine auf 300 Jahre geschätzte Traubeneiche, ihr gegenüber stehen die ebenso alten Stieleichen. Die Traubeneiche hat einen Stammumfang von 368 cm, sie ist 25 m hoch und trägt eine 20 m breite Krone. Die Stammumfänge der Stieleichen variieren von 264 cm bis 366 cm, sie sind 15 m bis 22 m hoch und 12 m bis 18 m breit.
Die vier Bäume sind die Reste einer Eichenallee, die sich den gesamten, steilen Auffahrtweg entlangzog. Sie wurden als Nutzbäume angepflanzt. Ihr Holz diente zum Hausbau, für Möbel, Särge und vieles mehr. Für diese Zwecke sind mittlerweile viele gefällt worden.
Früher haben die Bauern darauf geachtet, dass immer genug Holz vorhanden war. Das Holz der Eichenallee ist seit der Jahrhundertwende als Gerüst des Fachwerkhauses verewigt. Auch einige Dielenbretter und Türen sind daraus hergestellt, erinnert sich Herbert Brunnenberg. Die Eichen müssen sehr mächtig gewesen sein, denn die Türen im Haus sind „fast aus einem Brett“. Laut seinem Vater sollen die Eichen schon im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) existiert haben. Demnach wären sie älter als 350 Jahre.
Jetzt stehen die Eichen nur noch als Zierde auf dem Hof und erinnern an die alte bäuerliche Tradition. Die Traubeneiche hat entsprechend der modernen Zeit einen Funktionswandel mitgemacht; ihre rissige Borke dient heute als Halterung für das Hofschild „Brunnenbergs Hof“. Dennoch besitzt der Hof noch ursprünglichen Charakter. Wie auf vielen westfälischen Höfen kann man hier die Bedeutung der Hofbäume für die Menschen erkennen. Während die Eichen in der Regel etwas abseits gepflanzt wurden, setzten die Brunnenbergs eine Linde direkt neben die Eingangstür des fertiggestellten Fachwerkhauses. Das war 1903. Im Vordergrund steht nicht nur der Nutzen der Linde, den sie zweifellos hat, indem sie durch ihr weitverzweigtes, mehr oberflächliches Wurzelwerk den Boden entwässert und das Haus vor Wind schützt, sondern auch ihre mythische Bedeutung und ihre Funktion als Stätte der Begegnung.
Die Art und Weise, wie die Eichen auf den Höfen plaziert wurden, war abhängig von regionalem, individuellem Brauchtum. Auf dem Brunnenbergs Hof, der schon im 13. Jahrhundert erstmalig erwähnt worden ist, war es eine Allee. Im Raum Bönen gab es ganze Totenhaine, die das Sargholz vorhielten, und im Münsterland verschwanden die Höfe in Eichenringen, so dass man von weitem nur ein Wäldchen wahrnahm.
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Die Hoflinde Bockelühr;
Schwerte-Ergste
Bild: Sommerlinde am Feldrand; Oktober 1997
Mitten auf einer Wiese im Bürenbruch fällt schon von weitem ein einsamer Baum auf. Es ist eine Sommerlinde. Sie hat den alten Hof, dem sie ursprünglich einmal beistand, überdauert. Sie stand einst vor dem Stammhaus der Böckelührs an dieser Stelle.
Die Existenz des Gutsnamen „Böckelühr“ lässt sich bis ins Jahr 1096 zurückverfolgen, als der Erzbischof von Köln der Benediktiner-Abtei Siegburg mehrere Güter schenkte. Unter anderem war das Gut „Liure“, eine alte Bezeichnung für „Lür“, dabei. Das ursprünglich riesige Waldgebiet hieß Lürwald. Es wird vermutet, dass der Wortursprung auf „hliudari = wachsen“ zurückzuführen ist. „Böcke“ heißt übersetzt Buche. Der Name „Böckelühr“ deutet also darauf hin, dass der Wald früher ein Buchenwald war.
Um 1780 teilten sich zwei Söhne die Güter auf. Es entstanden zwei neue Höfe. Das Stammhaus wurde abgerissen und die Sommerlinde, die damals noch sehr jung gewesen sein muss oder gerade erst gepflanzt war, blieb genau auf der Grenze stehen. In ihrer Nähe sind die Grundrisse des alten Hofes noch zu sehen. Der Baum hat heute einen Stammumfang von 270 cm, ist 18 m hoch und 16 m breit.
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Das Holzgericht auf dem Kreinberg;
Schwerte-Wandhofen
Bild: Traubeneiche auf dem Kreinberg; Oktober 1997
Gegen Ende des Mittelalters war der Bedarf an Holz unvorstellbar groß, und Holzrichter regelten den Holzverbrauch der Bürger. Bäume lieferten nicht nur Bau- und Brennholz, sondern auch die Holzkohle, die man wiederum für die Eisenerzeugung, für Glashütten und für das Salzsieden benötigte. Dazu kam die „Waldweidenutzung“: das Vieh verhinderte das Heranwachsen neuer junger Bäume. Im Herbst zerwühlten große Schweineherden, die zur Eichel- und Eckernmast in die Wälder getrieben wurden, den Boden.
Unter der Eiche, die heute auf dem Kreinberg steht, hat nie ein Gericht getagt. Leider ist nicht bekannt, ob sie Vorgängerinnen hatte. Ihr Standort lässt dies nur vermuten.
Möglicherweise war hier sogar ein alter germanischer Versammlungsort oder ein heiliger Platz, denn der Kreinberg hat früher einmal Asenberg geheißen, benannt nach dem gewaltigsten Göttergeschlecht (Asen) der germanischen Mythologie mit den Göttern Odin (Wodan), Thor (Donar), Baldr, Zyr (Ziu) und Frigg (Frija, Frea).
Die Traubeneiche auf dem Kreinberg wurde am 22. März 1897 anläßlich des 100. Geburtstages von Kaiser Wilhelm d. I. gepflanzt. Deshalb trug die Eiche ursprünglich den Namen „Kaiser-Wilhelm-Eiche“. In der unrühmlichen Zeit des Nationalsozialismus wurde sie in „Adolf-Hitler-Eiche“ umbenannt, und unter ihr fanden die Sonnenwendfeste der Hitlerjugend statt.
Heute ist die Eiche namenlos und Treffpunkt für Spaziergänger, die sich auf den Bänken unter ihrer Krone ausruhen und den weiten Blick genießen können. Sie hat einen Umfang von 202 cm, ist 15 m hoch und trägt eine 16 m breite Krone.
Wie auf dem Kreinberg gab es noch viele Stätten im Kreis Unna, an denen „Holzgerichte“ tagten. Genau bekannt sind heute nur zwei Gerichtsplätze: erstens unter der Richteiche auf dem Schulzenhof Velmede in Bergkamen-Weddinghofen und zweitens der alte „Thingplatz“ mit vier Linden vor Haus Bögge. Der Propst von Cappenberg war unter anderem für Weddinghofen und Bögge der „Erbholzrichter“, der den jeweiligen Schulten als „Holzrichter“ einsetzte.
Um der schon weit vorangeschrittenen Waldverwüstung Einhalt zu gebieten, wurden die „Markenordnungen“ ausgehandelt. In diesen Vertragswerken war festgelegt, wer das so wertvolle Holz in welchem Umfang den Wäldern entnehmen durfte bzw. in welcher Art und Weise die Wälder wirtschaftlich genutzt werden konnten. Beauftragte „Holzrichter“, denen Gehilfen als quasi Waldpolizei zur Seite standen, wachten über die Einhaltung der Markenordnungen und brachten Übertretungen vor Gericht.
Wie man sieht, ist die Notwendigkeit des nachhaltigen Wirtschaftens keine Erkenntnis des ausgehenden 20. Jahrhunderts (Agenda 21).
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Die Kastanienmutter von Haus Ruhr;
Schwerte
Bild: Die „Kastanienmutter“ im Innenhof von „Haus Ruhr“; Oktober 1997
Nähert man sich Haus Ruhr, so fällt der Blick schon von weitem durch den Torbogen auf einen mächtigen Baum im Innenhof, eine mächtige Rosskastanie.
Die „Mutter der Kastanien“ wird sie genannt. Seit 200 Jahren verstreut sie ihre stacheligen Früchte. Keine Rosskastanie im Kreis Unna, sogar in Westfalen, ist älter als sie. Die Rosskastanie auf dem Hofplatz des ehemaligen Wasserschlosses Haus Ruhr ist der älteste und dickste Baum von Schwerte.
Dort, wo der Wannebach in die Ruhr fließt, erbaute 1455 der Herr von Boile von Wetter das heutige Haus Ruhr für seinen Schwiegersohn aus der Familie von Neheim. Viele Kriege tobten zu der Zeit und machten erforderlich, dass die Anlage von Haus Ruhr ganz auf Verteidung angelegt war. Dagegen sieht die Kastanie in der Mitte des Burghofes trotz ihrer Mächtigkeit, immerhin umfasst ihr Stamm 610 cm, freundlich und friedfertig aus. Im Frühjahr wirkt sie mit ihren Blütentürmen einladend, so als wolle sie sich über die bis zu den Zähnen bewaffneten Ritter früherer Zeiten amüsieren. Aus Sicherheitsgründen ist ihre Krone vor Jahren arg verkleinert worden; heute ist sie noch 16 m breit und 18 m hoch.
Ihr Ursprung hat viele Geschichten. Der interessantesten nach soll der Graf von Nesselrode, ein Gesandter Friedrichs des Großen, eine Handvoll der seltsamen stacheligen Kastanienfrüchte von einer Mission in Persien mitgebracht haben. Er hatte sie in seinen Satteltaschen verstaut. Erschöpft von der langen Reise rastete er auf Haus Ruhr, wo ihm unbemerkt eine Kastanie aus der Tasche glitt. Dies sei die Geburtsstunde der „Kastanienmutter“ auf Haus Ruhr, der ersten Kastanie auf heimatlichem Boden, gewesen. In einer anderen Version soll der Graf von Nesselrode die wenigen wertvollen Früchte an seine besten Freunde verteilt haben. Demnach stünde sie nicht zufällig an ihrem Platz, sondern sie wäre genau dort gepflanzt worden, wo sie noch heute wächst. Auch an Haus Heeren und weitere Adelshäuser soll der Graf die Früchte verschenkt haben.
Am glaubhaftesten ist die Geschichte über die Verbreitung der Rosskastanie, wie sie in Büchern steht. Sie ist ursprünglich in den nördlichen Gebirgen der Balkanhalbinsel, im Kaukasus und Himalaja heimisch. Die Türken brachten sie nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Von dort gelangte sie über zwei Wege nach Mitteleuropa: über Österreich oder Italien. Anfang des 17. Jahrhunderts gelangte sie Richtung Norden. Ihre größte Beliebtheit erlebte sie zur Zeit des Barocks ( 18. Jh.) und während des Jugendstils zur Jahrhundertwende.
Ein Blick hinter die Hauptgebäude von Haus Ruhr lohnt sich, denn hier liegt ein alter, heute noch sehr schöner Landschaftspark, der in einen Buchenwald übergeht. Direkt westlich der Gebäude geht man durch eine lockere Baumgruppe mit riesigen Blutbuchen. Sie haben Stammumfänge von 430 cm bis 520 cm, sind 20 m bis 22 m hoch und 16 m bis 18 m breit. Ihr Alter beträgt mehr als 280 Jahre. Aus größerem Abstand merkt man deutlich die bewusste Auswahl der Baumarten, auch wenn sie, flüchtig betrachtet, wie ein „normales“ Wäldchen aussehen. Jeder Baum hat eine etwas andere Laubfarbe, so dass sich vom Frühjahr bis zum Herbst immer ein neuer, farbenfroher Anblick bietet. Auf der anderen Seite der Wiese schimmert schon der Silberahorn herüber. Er ist wahrscheinlich 250 Jahre alt, hat einen Stammumfang von 420 cm, eine Höhe von 22 m und eine Krone von 16 m. Auch die kunstvoll angelegten Teiche gehörten zur alten Parkanlage. Westlich der Gräfte hinter dem Hauptgebäude war vermutlich früher ein Laubengang aus geschnittenen Hainbuchen, denn heute stehen sie hier, mittlerweile ausgewachsen, in parallelen Reihen.
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Die mächtige Stieleiche von Hof Aquack;
Selm-Cappenberg
Bild: Die Stieleiche lebt auf großem Fuß; Oktober 1997
Die ca. 300jährige Stieleiche in Selm-Cappenberg an der Ecke des Hofes Aquack ist ein ausgesprochen beeindruckendes Exemplar. Mit mächtigem Fuß behauptet sie ihren Standort zwischen Straßen, Plätzen und Gebäuden. Ihre Krone breitet sich 25 m aus. Sie ist 20 m hoch, und ihr borkiger Stamm umfasst 530 cm. Im Frühjahr leuchten ihre frischen Triebe besonders schön im Gegenlicht. Dennoch werden die meisten die Stieleiche wahrscheinlich wegen ihrer Lage an der Außenseite einer engen Straßenkurve gar nicht wahrnehmen.
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Die geliebten Bäume des Freiherrn vom Stein;
Selm-Cappenberg
Bild: Die Platane am Schloss Cappenberg „rudert“ mit ihren Armen; Oktober 1997
Geht man im Bereich der Schlossterrasse oder im Tiergarten spazieren, so fühlt man sich in die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts zurückversetzt. Man könnte Ausschau halten nach einem altmodisch gekleideten Herrn, dem Freiherrn vom Stein, wie dieser unter seinen geliebten Eichen sitzt, wenn nicht die Kühltürme an der Lippe im Hintergrund und die Zeche Haus Aden diesen nostalgischen Traum beenden würden.
Die vergangenen Zeitepochen mit ihren Bedürfnissen und Besonderheiten können im wesentlichen noch heute an der Schlossparkanlage Cappenbergs nachvollzogen werden: die Klosterzeit, die Zeit des romantischen Landschaftsparks und des Klassizismus und die darauffolgenden Strömungen. Rose und Gustav Wörner betonen in ihrem Gutachten (1987) über die Anlage: „Nur wenige historische Gartenanlagen sind so bis in unsere Gegenwart gepflegt und erhalten worden“.
Der Abbau sämtlicher Kohle unter der Schlossanlage, gemäß der bergbaulichen Planungen bis ins Jahr 2005, würde nach o.g. Gutachten verheerende Folgen nach sich ziehen – sowohl für die Parkanlage mit ihren Bäumen als auch für die Schlossanlage. Dann müsste man sich wohl doch um Schloss Cappenberg und seinen kulturhistorisch sehr interessanten und wertvollen Park Sorgen machen.
Der Ruf und der Einfluss von Schloss Cappenberg ging im Laufe der Geschichte weit über die Grenzen Westfalens hinaus. Seit dem 9. Jahrhundert lag hier, abgesehen von dem fast zerstörten Stromberg, die einzige Höhenburg Westfalens. Sie wurde Sitz des ersten Prämonstratenserstiftes (1120 – 1802) auf deutschem Boden. Noch im gleichen Jahr begann der Bau der Stiftskirche. Von den mittelalterlichen Klostergebäuden und der Burg ist heute mit Ausnahme der Kirche überirdisch nichts mehr erhalten.
Viel später, nach der Säkularisation im 19. Jahrhundert, das heißt nach der Enteignung des kirchlichen Großgrundbesitzes durch den Staat, lebte der berühmte preußische Staatsmann Karl Freiherr von und zum Stein bis zu seinem Tode in den ehemaligen Klostermauern. Er hat seinen Park und die großen alten Bäume sehr geliebt.
Zwischen dem Auszug der Klosterherren und der Übernahme Cappenbergs durch den Freiherrn vom Stein lagen mehr als zehn Jahre, in denen das Anwesen verwilderte. Der preußische Minister erwarb Cappenberg im Jahr 1819. In der landschaftlich schönen Umgebung wollte er nach einem aufreibenden Leben zur Ruhe kommen.
Nach Vom Steins Tod haben seine Nachfahren die Parkanlage im Wesentlichen erhalten und in den meisten Bereichen lediglich den Baumbestand gepflegt oder ersetzt. Nur der Schlosshofbereich und die Allee an der „Freiherr-vom-Stein-Straße“ sind überwiegend später gestaltet worden. Die ursprüngliche Pappelallee, die zum Schloss führte, wurde durch eine Eichenallee ersetzt. Eine Allee stand dort schon seit Klosterzeiten. Die vom Freiherrn gepflanzten Bäume bestimmen immer noch maßgeblich das Erscheinungsbild des Schlosshofs. Sie entstammen seiner Vorliebe für exotische Baumraritäten, die er außer im Schlosshof vor allem an der Schlossterrasse, die bis heute unverändert seine Handschrift trägt, anpflanzen ließ. Dieser intensiv gestaltete Bereich geht in den Landschaftsgarten des „Tierparks“ über, den der Freiherr vom Stein ständig veränderte und verschönerte – im Wesentlichen ist hier aber die „Hutelandschaft“ der Klosterzeit des 18. Jahrhunderts erhalten geblieben.
Im Jahre 1719, nachdem die nicht mehr so strengen Ordensregeln das Fleischessen erlaubten, legten die Brüder einen „Thiergarten“ im Süden des Schlosses an. Er hatte 1803 etwa die gleichen Ausmaße wie heute. Auch der westliche Teil des Parks war eine Viehweide. Von den Eichen aus der Klosterzeit stehen heute noch dreizehn mit Stammumfängen von 298 cm bis 533 cm. Sie sind zum Teil weit vor 1800 gepflanzt worden und sind prägend für den Südostteil des Tiergartens. Wie die alten Eichen stammen auch die Teiche, die in weitgehend unveränderter Form und Lage am südlichen Rand des Parks liegen, aus dieser Zeit.
Die Exotenliebe des Freiherrn machte vor dem Tiergarten nicht halt, jedoch konnten sich dort die meisten fremdländischen Baumarten nicht halten. Übriggeblieben ist eine malerisch gewachsene Hickorynuss mit einer 29 m breiten Krone und einem Umfang von 421 cm. Sie ziert die Hauptblickachse vom Schloss in die südlich angrenzende Landschaft. Auch einige Esskastanien und Rosskastanien sind auf Anordnung des Freiherrn gepflanzt worden und existieren heute noch. Von den Maronen, Kastanien, Eicheln und den Früchten der Obstbäume konnte und kann sich das Wild ernähren. Um einigen Exoten das Überleben zu sichern, trennte Freiherr vom Stein diese südlich des Schlosses ab und umgab sie mit einem starken Zaun, so dass das Wild keine Schäden mehr anrichten konnte. Erst nach seinem Tod ist die ein bis zwei Meter hohe Natursteinmauer errichtet worden.
Drei geschlitztblättrige Buchen mit Stammumfängen zwischen 350 cm und 412 cm zählen zu den botanischen Juwelen im Park. Ihre Kronen erreichen 17 m bis 22 m. Sie rahmen die Blickachse ein. Diese besondere Form der Rotbuche wurde 1795 erstmals in Deutschland bekannt. Ihre Vermehrung erfolgt durch Veredelung, wie man deutlich an den im Park stehenden Bäumen sehen kann. Sie zählen zu den ältesten Bäumen ihrer Form auf deutschem Boden. Beachtlich sind auch die zwei Blutbuchen mit Umfängen von 315 cm und 402 cm und Kronendurchmessern von 21 m und 20 m, die am südlichen Rand der Terrasse stehen. Weitere Rosskastanien und ein Bergahorn sind ebenfalls auf Betreiben des Freiherrn in den Park gekommen.
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Hördemanns Kreuz;
Selm-Bork
Bild: „Hördemanns Kreuz“, Winterlinde (links) und Sommerlinde (rechts); März 1998
In Altenbork stehen am Rand eines Feldweges zwei Linden, in ihrer Mitte ein Wegekreuz. Eine Sommerlinde mit einem 395 cm umfassenden Stamm, an den man sich gleich anlehnen möchte, um etwas von der Kraft und dem 200 Jahre alten Wissen des Baumes mitnehmen zu können. Eine etwas kleinere, 305 cm umfassende, aber ebenso alte Winterlinde bildet mit ihr eine gemeinsame Krone von 23 m aus.
Die Linde war in der religiösen Auffassung der Germanen ein heiliger Baum. Sie war der Göttin Freya geweiht, der Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit. Der Mythos änderte sich im Laufe der Jahrtausende und brach mit der Verbreitung des Christentums völlig zusammen. Gerade der Baumkult der germanischen und keltischen Volksstämme war den christlichen Missionaren ein Dorn im Auge. Mit drastischen Fällaktionen vertrieben die Mönche die heidnischen Götter aus ihren belaubten Heiligtümern. Nur an einen Baum legten sie keine Hand an: die Linde. Auch christliche und patriarchale Umformungen des alten Mythos konnten die im tiefsten Innern verwurzelte Achtung vor der Ursprungsgöttin nicht zerstören. Die christlichen Brüder lösten ihren seelischen Konflikt, indem sie die Freya-Linden zu Marien-Linden machten. Das war die Rettung für das Gewissen und für die Linden.
Linden stehen heute noch an alten mythischen Plätzen, aber vielmehr sind sie auch an christlichen Orten gepflanzt worden: um Kirchen herum, auf Friedhöfen, an Heiligenhäuschen und Wegekreuzen, wie dem Kreuz von Hördemanns, um das sich einige Geschichten spinnen. So war der Weg, an dem Kreuz und Linden stehen, früher einmal ein wichtiger Verbindungsweg zwischen der Lippe und Bork. Die Leute nannten ihn Kirchweg. Einmal hatte eine Kirchgängerin auf der Höhe der Linden ein „Gesicht“: Hördemanns Hof stünde in Flammen. Abgebrannt ist er tatsächlich, aber erst viele Jahre später.
Eine andere Geschichte erzählt von einem Unglück, das Holzarbeitern auf dem alten Weg zur Mühle – die heutige Papierfabrik Bartling- passierte. Wegen dieses Vorfalls soll das Kreuz aufgestellt und die Linden darum herum gepflanzt worden sein.
Die dritte Geschichte soll sich im II. Weltkrieg zugetragen haben, kurz nachdem ein italienischer Künstler das Kreuz erneuert hatte. Ein im Hof einquartierter SS-Mann soll auf dem Weg ins Dorf einen Zeh oder Fuß der Christusfigur abgeschlagen haben. Kurz darauf soll er als erster gestorben sein, erzählte immer der „alte Hördemann“ und deutete es als Strafe Gottes.
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Die Bäume von Haus Heyde;
Unna-Uelzen
Bild: 300jährige Platane, der dickste und höchste Baum im Kreis Unna; April 1991
Der Baumbestand von Haus Heyde nördlich von Unna-Uelzen gehört zu den beeindruckendsten im ganzen Kreis Unna. Allerdings stehen die Bäume heute zum größten Teil nicht mehr frei und fallen demzufolge nicht so deutlich ins Auge.
Auch die noch ablesbaren Überreste des ehemaligen Wasserschlosses sind sehr spärlich. Von der Hammer Straße aus führt eine schöne Linden-Eichenallee zum ehemaligen Standort des im Jahre 1966 abgerissenen Haus Heyde.
Geht man die Linden-Eichenallee immer geradeaus bis in das relativ junge Waldstück, fallen auf der rechten Seite zwei alte Blutbuchen und zwei alte Platanen auf. Trotz ihrer unterschiedlichen Größe sollen sie etwa gleich alt sein. Rund 250 Jahre stehen sie an der inzwischen zugeschütteten Gräfte von Haus Heyde.
Einer der eindruckvollsten Bäume im Kreisgebiet Unna ist zweiffellos die 730 cm umfassende Platane. Sie ist der dickste Baum des Kreises. Mit ihrer Höhe von 42 m ist sie auch einer der höchsten Bäume, und ihre 30 m umspannende Krone ist die breiteste im Kreis. Ihr Alter wird auf 250 bis 300 Jahre geschätzt. Wahrscheinlich wurde sie vom damaligen Besitzer des Rittergutes Christoph Friederich von Plettenberg gepflanzt. Gegen eine solch mächtige Nachbarin wirkt die zweite Platane eher schmächtig. Dabei hat auch sie ungewöhnliche Ausmaße erreicht. Ihr Stamm umfasst immerhin 530 cm.
Die beiden imposanten Blutbuchen besitzen Stammumfänge von knapp 500 cm und 335 cm und sind 22 m und 25 m hoch und 20 m und 22 m breit. Besonders beeindruckend sind ihre dicken Astwülste. Zahlreiche Herzchen und Initialien wurden in ihre alte Haut geritzt. Im Frühjahr 1998 haben Unbedachte sogar ein Feuer in einer ihrer Wurzelhöhlen entfacht. Auch das hat sie schweigend ertragen. Ihr Alter dürfte bei rd. 250 Jahren liegen.
Das enorme Wachstum verdanken die Bäume dem günstigen Standort im Park von Haus Heyde, der sich südlich anschloss. Damals standen sie noch frei und konnten sich ungehindert ausbreiten. Heute konkurrieren mit ihnen viele junge Bäume um Nährstoffe und Wasser.
Am südwestlichen Rand des Parks führt, damals wie heute, eine kleine Steinbrücke über einen Graben. Beiderseits der Brücke wurden vor 120 Jahren zwei Rosskastanien gepflanzt. Ihre Stammumfänge messen 305 cm und 425 cm. Sie sind 18 m und 20 m hoch, 14 m und 15 m breit. Die Kastanien dienen Waldkäuzen als Schlaf- und Ruheplatz.
Auf der Gräfteninsel sowie um sie herum stehen urwüchsige Fahlweiden, eine Kreuzung von Silber- und Bruchweide. Ein besonders bemerkenswertes Exemplar auf der Gräfteninsel fällt durch seinen verdrehten Stamm mit rissiger Borke auf. In ca. 3m Höhe teilt sich der rd. 6 m umfassende Stamm dieses „Urwaldriesen“ in drei mächtige Äste. Einige der kleineren Äste hängen, unter der eigenen Last zusammengebrochen, zu Boden. Im Juni 1998 ereilte auch einen der drei dicken Arme dieses Schicksal. Wie eine natürliche Brücke liegt er über der Gräfe.
Weiter südlich auf einer Grünlandfläche, die sich bis zum Bahndamm hinzieht, steht eine 250-jährige Stieleiche, deren Stamm 395 cm umfasst. Sie ist 18 m hoch und breit. Die Wiesen und Weiden werden von Hecken mit Weidegehölzen durchzogen. Mitten hindurch schlängelt sich ein Graben, der aber meist nicht mit Wasser gefüllt ist. Auf der Ostseite fließt der Mühlbach, an der Westseite ein Wassergraben. Solche gut strukturierten Flächen sind in der modernen, intensiv genutzten Agrarlandschaft selten geworden. Beeindruckend sind auch einige dicke Schwarzpappeln am Rand einer Weide. Ihre weit ausladenden Äste, zahlreichen Höhlen, Nischen und grob-borkigen Rinden sind für viele Tiere Brut- und Nahrungsstätte.
Die Menschen, die einst auf Haus Heyde gelebt haben, hinterließen nur unauffällige Spuren in Form der Gräber ihrer Toten. Ein Friedhof mit eingestürzten Grabgewölben liegt südöstlich des ehemaligen Wasserschlosses. Er wird von alten Rotbuchen umgeben.
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Die Eibenlaube von Hof Huek;
Unna-Massen
Bild: Das Bild täuscht – in der Eibenlaube ist es dunkel; April 1998
Bäume sind die ältesten Lebewesen, die wir kennen. Ein Menschenleben reicht nicht aus, um einen Baum vom Samen bis zu seinem Tod zu begleiten – es sei denn, er wird gefällt oder kommt durch andere äußere Einflüsse ums Leben. Von unseren heimischen Bäumen ist die Eibe die größte Lebenskünstlerin. Sie kann bis zu zwei Jahrtausende überdauern.
So lange stehen die vier alten Eiben allerdings noch nicht am Ausgang des verwilderten Gartens von Hof Huek. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts sollen sie gepflanzt worden sein, und die Stammumfänge von je 260 cm deuten schon auf ihr beträchtliches Alter hin, denn Eiben wachsen sehr, sehr langsam. Sie lassen sich Zeit.
Je nach Standort legen Eiben, wie alle Bäume, unterschiedlich große Jahresringe an, allerdings kaum dicker als einen Millimeter. Häufig kommt es vor, dass ein Jungbaum und mehrere Wurzelschösslinge zu einem Stamm zusammenwachsen. Damit machen es uns die Eibenbäume schwer, ihr wirkliches Alter zu schätzen.
Früher sollen die als Laube genutzten Eiben am Kreuzungspunkt in der Mitte des Gartens gestanden haben. Jede der vier bildete die Ecke eines Quadrates. Zusammen tragen sie eine Krone von ungefähr sechzig Quadratmetern bei einer Höhe von sechs Metern. Der äußere Mantel aus dunkelgrünen Nadeln scheint den Eintritt in die geheimnisvolle Eibenhalle des Huek`schen Gartens verwehren zu wollen. So unheimlich wie diese Eibenhalle hier, ist im Volksglauben auch der Ruf der Eiben. Schon Kräutermeister Hieronymus Bock (1498 – 1554) warnte vor ihnen, indem er behauptete, dass derjenige, der unter Eiben schläft, des Todes sei. Von solch einem Fall hat zwar noch niemand gehört, doch war die Eibe zu früheren Zeiten mit der Todesgöttin verknüpft. Gleichzeitig galt ganz besonders sie als Sinnbild für Ewigkeit, Tod und Wiedergeburt.
Tatsächlich ist in erster Linie das Laub, der Samen und in geringem Maße auch die Rinde giftig. Das hatten schon die Germanen herausgefunden. Sie tränkten ihre Pfeile mit dem tödlichen Eibengift. Die heutige Wissenschaft hat dem Gift den Namen Taxin gegeben. Es wirkt in größerer Menge herzlähmend. Vor dem Probieren sei also gewarnt, obwohl die Eibe aufdringlich mit ihren leuchtend roten Früchten lockt.
Die Hueks haben sich jedoch nicht abschrecken lassen, unter den „Bäumen des Todes“ Feste zu feiern oder dort ihr Sonntagsfrühstück einzunehmen. Sicherlich ist auch keiner der vielen Hueks am „tödlichen Hauch“ der vier Eiben gestorben.
Gedicht von „Annette Freiin von Droste-Hülshoff“ (1797 – 1848) über die Eibe:
“Man sagt, daß Schlaf ein schlimmer,
Dir aus den Nadeln raucht –
Ach! Wacher war ich nimmer,
Als rings von Dir umhaucht.“
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Die alte Stieleiche von Hof Huek;
Unna-Massen
Bild: Die Stieleiche von Massen ist der älteste Baum im Kreis Unna; Juli 1998
Der älteste Baum des Kreises Unna steht in Unna-Niedermassen – eine Stieleiche. Sie soll rund 700 Jahre alt sein. Was hätte sie schon alles erlebt? Man schrieb das 13. Jahrhundert, und Massen war gerade 100 Jahre alt. Zu der Zeit wurde der Huek`sche Hof zum ersten Mal erwähnt. Schon sehr alt hätte die Hofeiche den Neubau des Haupthauses im Jahr 1776 erlebt. Andere Schätzungen gehen von „nur“ 400 Jahren aus. Um ihr tatsächliches Alter zu ermitteln, müsste ein Bohrkern entnommen werden, der über die Anzahl der Jahresringe Aufschluss gibt. Doch lassen wir lieber der alten Eiche ihr Geheimnis, denn durch eine solche Behandlung könnten schnell Pilzsporen oder Fäulnis ins Holz eindringen und den Baum von innen her zerstören. Auch ohne die genaue Altersangabe bleibt die Eiche einer der beeindruckendsten Bäume im Kreisgebiet.
Noch vor einiger Zeit beschattete sie den Hof Huek. Das Gebäude ist inzwischen Stein für Stein und Holzbalken für Holzbalken auseinandergenommen und nummeriert worden, damit es haargenau wieder aufgerichtet werden konnte. Seit 1973 steht dieses niederdeutsche Vierständerhaus 49 Kilometer östlich seines Ursprungs im Kurpark Bad Sassendorf bei Soest als Restaurant. Hin und wieder trifft sich dort die Huek`sche Sippe.
„Einen alten Baum soll man nicht verpflanzen“, wer kennt nicht dieses alte Sprichwort. So ragt die Krone der alten Eiche, 28 m hoch und 25 m breit, immer noch über die ehemalige Hofstelle. Sechs bis sieben Kinder müssten ihre Arme ganz schön strecken, um den fast sieben Meter umfassenden Stamm umarmen zu können. Am schönsten zeigt er sich im Frühjahr, wenn er mit seinen zarten Trieben zwischen seinen nahen Nachbarn deutlicher auffällt als im Sommer.
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Die Bäume vom Westfriedhof;
Unna
Bild: Efeu „erobert“ eine Esche; März 1998
Wie es zur Zeit des Mittelalters üblich war, lag auch um die Kirche von Unna ein Kirchhof, auf dem die Unnaraner ihre Verstorbenen beerdigten. 1300 wurde er erstmalig erwähnt. Diese Stätten waren Versammlungsorte, hier plauderten die Bürger, berieten sich, handelten mit Waren und tanzten und feierten sogar. Die Menschen empfanden den Tod als Teil des natürlichen Kreislaufes von Werden und Vergehen. Außerhalb der Kirchhöfe war in den engen Städten des Mittelalters kein Platz für Grünanlagen. Die Baumarten waren für den damaligen Totenkult von Bedeutung, zum Beispiel die Eibe, der Weißdorn und die Linde, der beliebteste Baum des Mittelalters.
Bereits Anfang des 17. Jahrhunderts ist von einer neuen Begräbnisstätte vor dem Massener Tor die Rede. Die alte war zu klein geworden. Doch diese war noch nicht der heutige Westfriedhof. Erst 1821 legten die Totengräber die ersten Gräber an der Südwestecke an. Die Verlegung an den Stadtrand und die größere Fläche schufen die Voraussetzung, einen Park zu gestalten. Mittlerweile hatte sich auch die romantische Einstellung durchgesetzt, dass die Ruhestätten der Toten auch Orte der Einkehr und Besinnung waren; Totengärten als Sinnbild des Paradieses. Das Wort Paradies stammt vom persischen „pardes“ ab und bedeutet „eingehegter Park“. Später nannte man die Begräbnisstätten „Friedhöfe“ – seiner Bedeutung als „eingefriedeter Hof“ (Schutzort) entsprechend.
Der Kreisarchitekt Schulze-Dellwig ließ gleich zu Beginn eine Hainbuchenhecke um den Friedhof herum anlegen und 150 italienische Pappeln pflanzen. Die weitere Ausgestaltung verlief recht ungeordnet. Erst Dr. Kipp, Magistratsmitglied und kundiger Gartenfreund, machte Mitte des letzten Jahrhunderts Vorschläge für eine neue Parkgestaltung, um den „wüsten Zustand“ zu beenden. An einige Wegekreuzungen pflanzte er Blutbuchen. Zwei stehen im südwestlichen Teil des Friedhofes, dem ältesten Bereich. Sie haben Stammumfänge von 265 cm, sind 25 m hoch und 12 m breit. Die zwei Blutbuchen, die an der westlichen Begrenzung zum Beethovenring stehen, sind deutlich mächtiger gewachsen. Ihre Stämme umfassen 380 cm und 420 cm, sie sind 25 m hoch und tragen 20 m breite Kronen. Ähnlich verhalten sich die zwei Blutbuchen im östlichen Teil des Friedhofes, die Stammumfänge von 295 cm und 395 cm gebildet haben. Sie sind ebenfalls 25 m hoch und tragen eine 18 m breite Krone. Die dickste Blutbuche mit einem Stammumfang von 435 cm und einer Höhe von 25 m steht an der östlichen Begrenzung des Westfriedhofes.
Alle Blutbuchen sind sehr beeindruckende Exemplare, sie fallen besonders durch ihre dicken, teils wulstigen Stämme auf. Die gesamte Anlage des Westfriedhofes ist mittlerweile zu einer stadtnahen Grünanlage geworden. Die vielen Bäume geben ihm den Charakter eines Wäldchens. Er sorgt für Sauerstoff und ist mitten in der Stadt ein Anziehungspunkt für einen Spaziergang im Grünen.
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Das Pappelquartett;
Werne-Stockum
Bild: Schwarzpappelgruppe im Herbst; November 1997
Wenn der Sommerwind weht, erfüllt das Rauschen von Pappelblättern die Luft, dann erklingt auch das Konzert im Laub des Stockumer „Pappel-Quartetts“: vom leise säuselnden „Adagio“ bis hin zum laut brausenden „Allegro forte“. Weit und breit die einzigen Bäume sind die vier Schwarzpappeln auf einer Weide am Weg Blasum in Werne-Stockum.
Im Aberglauben galten Pappeln als Wetterpropheten: wenn sie im Herbst zuerst das Laub an der Spitze abwürfen, so bedeute es einen kommenden milden Winter, fielen die Blätter zuerst unten ab, so werde der Winter streng. Den Pappelknospen sagte man nach, dass sie das Haar lang wachsen ließen. Die Vorstellung entstand vermutlich durch das schnelle Wachstum von Pappeln. Dem unter „Wipfeldürre“ leidenden Fotografen jedenfalls, der einige Zeit unter den Pappeln verbrachte, haben sie in dieser Angelegenheit nichts genutzt.
Die vier Pappeln auf der Wiese des Bauern Schulze-Kalthoff sind in knapp 100 Jahren schon 20 m hoch gewachsen. Sie haben Stammumfänge von ca. 220 cm bis 280 cm. Ihre Kronen sind zusammen 25 m breit. Dadurch, dass das Vieh an ihren Trieben knabberte und junge Zweige gelegentlich, wohl zur Rutengewinnung, abgeschnitten wurden, sind die Stämme sonderbar geformt. Sie haben ringförmige Wülste ausgebildet, was ihnen Ihre besondere Eigenart verleiht.
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Die einsame Stieleiche;
Werne-Varnhövel
Bild: Die Zeit hinterlässt Spuren, und der Baum regiert; Mai 1998
Auf einer Weide in Werne-Varnhövel reckt eine dicke Stieleiche ihr lichtes Geäst in die Luft. Trotz „Wipfeldürre“ ist sie ein Naturdenkmal, denn sie ist weit und breit der einzige, alleinstehende Baum dieser Größe. Sie ist 20 m hoch und weithin sichtbar. Ihr Umfang beträgt 330 cm. Wegen des trockenen Wipfels ist ihre Krone mit 13 m relativ schmal.
Eichen sind empfindlich gegen Bodenverdichtung, Luftabschluss und Staunässe. Gerade Alteichen, wie die in Varnhövel, reagieren auf länger anhaltenden Wasserentzug mit der erwähnten Wipfeldürre. Kurzfristig trockene Füße können Eichen gut ertragen. Diese Eiche musste aufgrund ihres Standorts nasse und trockene Perioden im jahreszeitlichen Wechsel von Anfang an verkraften, denn sie senkt ihr Wurzelwerk in einen sandigen Boden, der durch eine mittlere bis geringe Nährstoff-, Luft- und Wasserkapazität gekennzeichnet ist. Das Grundwasser floss zwei Meter unter ihr. Das war schon immer der Fall, so dass die Wurzeln mit ihren Spitzen bis in dieses Wasserbecken hinabwuchsen.
Hier muss dann eine Veränderung aufgetreten sein. Als Ursache kommt die Anlage des Schachtes VII der Zeche Haus Aden, der südöstlich der Eiche abgeteuft wurde, in Betracht. Er liegt tiefer als der Standort des alten Baumes. Das hereinbrechende Grundwasser musste abgepumpt werden. Das kann eine Grundwasserabsenkung unter der Alteiche verursacht haben. Aber auch die Entwässerung von landwirtschaftlichen Flächen kann für eine Änderung des Wasserhaushaltes am Standort der Stieleiche verantwortlich sein.
Bei unzureichender Wasserversorgung lässt eine Eiche zunächst die äußeren Zweige verdorren, um für das bloße Überleben noch genug Wasser übrig zu behalten. Die erste sichtbare Folge ist ein trockener Wipfel. Stimmt dann das Verhältnis zwischen Krone und Wurzel nicht mehr, neigen die Stieleichen dazu, sogenannte Wasserreiser auszubilden.
Der Stamm der alten Eiche in Varnhövel ist übersät von Wülsten, aus denen solche Wasserreiser oder Klebäste wachsen, eine Folge der Wipfeldürre und der Beweidung. Das Vieh frisst immer wieder die in ihrer Reichweite entstehenden Zweige ab. Die Tiere sind sicher auch der Grund für die verdickten Wurzelanläufe. Durch die harten Hufe, das Scheuern und Knabbern wird die Stammbasis verletzt. Die Eiche reagiert mit „Kallusbildungen“, wucherndem Zellwachstum an den Wundrändern, um die offene Stelle zu verschließen. So steht der alte Baum heute auf „großem Fuße“.
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„realität bin ich!
die freiheit,
realität so abzubilden,
dass sie zur subjektivität wird,
ist für mich ein herausragendes kriterium der fotografie.
der individuelle umgang
mit aufgefangenen reizen aus der umwelt
setzt die bereitschaft voraus,
über gewohnte sichtweisen hinauszugehen,
eine neue realität zu schaffen,
die realität der fotografie
meine!“
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Ralf Sänger – Danke:
Mein Dank gilt an aller erster Stelle dem Kreis Unna, der mir die recherchierten Texte freundlich zur Verfügung stellte. Ohne diese Grundlage wäre die Idee zu diesem Buch nie entstanden.
Ich danke meiner Frau Beate, die mir half, die „Durststrecken“, und Rückschläge während der Erstellung dieses Buches zu überwinden. Ich danke aber auch meinen beiden Kindern, Jönnika und Sören, die so freundlich waren, nicht über die in unserer Wohnung großflächig auf dem Boden zum Trocknen ausgelegten Bilder zu laufen.
Darüber hinaus bin ich auch immer wieder auf hilfsbereite Menschen gestoßen, die dieses Projekt maßgeblich gefördert haben. Ohne deren Mitwirkung wäre dieses Buch nicht so geworden, wie es geworden ist; mein ganz herzlicher Dank gilt daher folgenden Personen:
Friedrich-Wilhelm von Bodelschwingh
Rosemarie Böhme
Dr. Josef Cornelissen
Dr. Michael Dannebom
Dr. Eberhard Geisler
Ludwig Holzbeck
Stefan Kamphans
Hartmut Kettler
Sonja Neuenfeldt
Martina Poggel
Oliver Schönfeld
Hermann Schwarz
Dr. Janine Teuppenhayn
Dr. Detlef Timpe
Dr. Uwe Trespenberg
Jürgen Weber
Reinhold Weber
Manfred Weischer
Jürgen Wirth
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